Veränderungen passieren nicht einfach. Wie Emotionen den Wandel beeinflussen. Und wie wir die Fähigkeit nutzen können, uns in andere hineinzuversetzen. 

Organisationen sind soziale Systeme, die ausschließlich in der Kommunikation von Entscheidungen bestehen.

 N. Luhmann

Veränderungen konstruktiv zu gestalten, ist für die meisten Organisationen eine veritable Herausforderung. Natürlich: Veränderungen finden fortwährend statt. Explizite Veränderungsprozesse versetzen jedoch sowohl Personen als auch die Organisation in Spannung. Wir können nicht genau vorhersagen, was alles passieren wird. Aber wir können Räumen bauen, die mehr Sicherheit geben. Und wir können kommunizieren. Wir können auftretende Emotionen verstehen und auch nutzbar machen für die Veränderung. 

Change-Kommunikation als Instrument zur Emotionsbeeinflussung 

Change-Kommunikation ist eines der wichtigsten Instrumente zur Einflussnahme auf Emotionen von Führungskräften aber auch Mitarbeiter:innen. Unter Change-Kommunikation versteht man die “kommunikative Begleitung von Veränderungsprozessen” und sie ist ein Instrument der Führung zur Unterstützung des Wandels. Thomas Lauer (2014) spricht darüber hinaus von einem “Katalysator des Change-Managements”, somit sieht er darin ein Instrument zielgerichteter Verstärkung der Maßnahmen einer Führungskraft. Diese große Bedeutung wird der Change-Kommunikation erst in den letzten Jahren zugeschrieben. Früher stand vielmehr das Management der harten Faktoren im Mittelpunkt, Kommunikation war im Wesentlichen eine Summe von Mitteilungshandlungen.  

Die Forschung unterscheidet daher drei handlungsbeeinflussende Ebenen der Kommunikation. Die informative Ebene enthält relevante Informationen. Auf der zweiten Ebene, der edukativen Ebene erhalten die Informationen Bedeutung durch Erklärung und – last but not least – die emotionale Ebene, die unter anderem für die Identifikation mit den Inhalten und die Motivation entscheidend ist. Die emotionale Ebene des Change-Prozess ist ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil bei jeder Kommunikation. 

Die vier Grundemotionen und ihre Bedeutung in Change Prozessen 

Gefühle sind der Motor für die Umsetzung von Veränderung. Verstehen wir ihre Dynamik und Funktion, können wir adäquat darauf reagieren und sie schöpferisch für die Organisation nützen.  Gefühle unterscheiden sich in ihrer Logik fundamental von der Logik der Zahlen oder der Logik der Aufgaben. Sie lassen sich nicht direkt steuern, sind in ihrer Dauer und Intensität nicht berechenbar. Jedes Gefühl hat seine spezielle Funktion und seinen besonderen Wert in einem Change Prozess.  Nur wer die Emotionen im Auge behält und sie versteht, kann sie auch steuern – und ihre jeweils produktive Seite verstärkt und ihr Potenzial nutzt. Einschneidende Change Projekte polarisieren, auch gefühlsmäßig. 

Wir entscheiden vier Grundemotionen – Freude, Ärger, Angst und Trauer – mit ihrem positiven Kern sowie ihrer negativen Übertreibung unterschieden:  

Angst – Ärger – Trauer –Freude (vier Grundemotionen)

Angst  

Angst dient dazu, Energie zu sammeln und sich so auf einen zentralen Gefahrenpunkt zu konzentrieren. Angst hilft zu erkennen: „Hier wird etwas anders und das könnte bedrohlich sein“. Eine erste typische Reaktion ist ein Fluchtimpuls nach dem Motto „damit will ich nichts zu tun haben“. Es gibt auch grundlegend andere Organisationen, in denen man auch oft die Reaktion „super, endlich kommt Veränderung!“ vor – sozusagen der Fluchtimpuls ins Gegenteil verkehrt. Dies kann eine Möglichkeit sein, Angst nicht an sich heranzulassen. Durch Angst und Flucht wird Zeit gewonnen, um Kräfte zu sammeln und um sich des Ernstes der Lage bewusst zu werden.   

Angst erzeugt in ihrer Dynamik oft (nicht immer) Verleugnung, man will nicht hinsehen und sich mit der Veränderung und ihrer Bedeutung auseinandersetzen. Hier geht es aber nicht um das kognitive Verstehen. Man muss solche Botschaften oft tatsächlich mehrmals mitteilen, weil erst die häufige, konsequente Kommunikation sie auch emotional „landen“ lässt. Es wäre kontraproduktiv so zu tun, als würde es Angst nicht geben. Kontraproduktiv wäre auch, rein rational weiterzuarbeiten: „Wir arbeiten jetzt mal einen Plan aus, wie wir das Umsetzen“.  Den Betroffenen fällt an der Stelle oft nichts ein.  

Ärger 

Ärger dient dazu, Grenzen zu setzen und sich auf die eigene Identität zu verteidigen, zu bewahren und zu erweitern. Der Ärger schützt mitunter vor verborgenen, „verbotenen“ Gefühlen wie z.B. Trauer. 

Ärger, Wut und Aggression sind schnelle Gefühle. Sie tauchen schnell auf und verrauchen auch schnell wieder. Sie mobilisieren Kraft und erhöhen den Energiepegel. Es herrscht eine gewisse Grundspannung, der berühmte Funke führt oft zur Explosion. Gleichzeitig wirkt Aggressivität distanzierend – andere halten Abstand. Wenn Aggression auftaucht, wird die Veränderung ernst genommen und persönlich. Es geht um die eigene Sache, die persönliche Zukunft.  

Trauer 

Trauer dient dazu, sich zu lösen und verschiedenste Verluste zu überwinden. Hier sollen alte Bindungen Schritt für Schritt aufgelöst werden. Bei der Trauer sollen zudem Abschied genommen werden, damit Platz für Neues geschaffen wird.  Ist man traurig, denkt man in Richtung Vergangenheit. Trauer heißt Konzentration auf Vergangenes, Verlorenes. Trauern erfordert Zeit und ist ein langsameres Gefühl als Wut und Aggression. Oft braucht es genau diese Verlangsamung vor dem Durchbruch, der dann plötzlich wieder Optimismus und Kraft und neue Perspektiven in den Blick bringt.  

Freude   

Kreativität und Offenheit im Denken, erfordert als „Basisgefühl“ immer eine positive Grundgestimmtheit. Das muss nicht ekstatische Freude sein, aber eine Zustimmung im Sinn von: „Das, was wir gemeinsam vorhaben passt mir, das will ich“. Diese Aufbruchsstimmung aktiviert Energien und steckt an. Freude öffnet zu neuen Denkrichtungen. 

Die positive Aufbruchsstimmung unterstützt dabei, Vergangenheit und Zukunft miteinander zu versöhnen. Sie öffnet für das Neue und erweitert den Fokus der Aufmerksamkeit. Dieses Gefühl des Aufbruchs und der Freude erzeugt das Denken, die Gemeinsamkeit und den Elan, auch kraftraubende Veränderungsprozesse voranzubringen.  

Literatur 

Heitger, Barbara/Doujak, Alexander (2014): Harte Schnitte, neues Wachstum. Die Logik der Gefühle und die Macht der Zahlen im Changemanagement. Frankfurt/Wien: Redline Wirtschaft bei Ueberreuter. 

Heitger, Barbara/ Serfass, Annika (2015): Unternehmensentwicklung. Wissen, Wege, Werkzeuge für morgen. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart.  

Lauer, Thomas (2014): Change Management. Grundlagen und Erfolgsfaktoren (2. Aufl.). Berlin: Springer Berlin Heidelberg. 


Hinweis

Der berufsbegleitende Universitätslehrgang Interpersonelle Kommunikation vermittelt in fünf Semestern aktuelle Kompetenzen für Beratung, Training, Coaching und Führung.  

Der nächste Start des Universitätslehrgang ist 10. März 2023. Anmeldeschluss ist 23. Jänner 2023. Wollen Sie am Laufenden bleiben? Schreiben Sie uns: office@interpersonelle-kommunikation.com 


Autorin: Judith Kölblinger, MSc
Beraterin, Trainerin und Coach.
Institut für Interpersonelle Kommunikation, Salzburg


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